Mediation in der Unternehmensnachfolge

Unternehmensnachfolge als emotionale Herausforderung

Bei der Übergabe eines Unternehmens spielen nicht nur betriebswirtschaftliche, rechtliche und steuerrechtliche Fragen eine Rolle. Die Übergabe eines Unternehmens ist für alle Beteiligten immer auch mit großen Emotionen verbunden. Der Prozess der Unternehmensnachfolge ist häufig von unterschiedlichen persönlichen Interessen und Sorgen geprägt:

  • Der Inhaber will sein Unternehmen übertragen. In der Familie bestehen unterschiedliche Vorstellungen zu der Person des Nachfolgers und den Bedingungen der Übertragung.
  • Eine Nachfolgelösung ist zwar geplant und mit dem Unternehmensnachfolger vereinbart, doch der Inhaber zögert, das Unternehmen zu übergeben, weil er sich für unersetzlich hält.
  • Der Inhaber übergibt zwar das Unternehmen, kann aber nicht loslassen. Er beeinflusst weiterhin das Tagesgeschehen und blockiert mit der Aussage „Das haben wir immer schon so gemacht“ Veränderungen seines Nachfolgers.
  • Der Unternehmer hat einen familieninternen Nachfolger gefunden. Dabei hat er aber die Fähigkeiten des Nachfolgers bzw. der nicht berücksichtigten Familienmitglieder falsch eingeschätzt. Nicht berücksichtigte Familienmitglieder fühlen sich zurückgesetzt.
  • Aus Pflichtgefühl erklärt sich ein Familienmitglied bereit, die Nachfolge anzutreten. Tatsächlich fühlt er sich jedoch von der ihm zugedachten Rolle überfordert.
  • Der Betriebsinhaber stirbt, ohne seine Nachfolge geregelt zu haben. Unter den Erben gibt es Streit, wer die Nachfolge in der Unternehmensleitung antreten soll.

Werden diese Konflikte nicht bewältigt, führt dies im schlimmsten Fall dazu, dass ein Unternehmen nicht fortgeführt werden kann.

Mediation unterstützt den Prozess der Unternehmensnachfolge

Eine Mediation kann helfen, aktuelle Konflikte zu lösen.

Eine Mediation kann auch hilfreich sein, um es gar nicht erst zu Konflikten kommen zu lassen. Werden die Interessen der Beteiligten im Rahmen einer Mediation schon zu Beginn der Nachfolgeplanung geklärt, können Konflikte von vornherein vermieden werden.

Einbeziehung der Interessen aller Beteiligten

Wesentlicher Vorteil einer Mediation ist, dass die Interessen aller Beteiligten einbezogen werden. Sowohl der Übergeber des Unternehmens als auch die von der Übergabe Betroffenen erhalten die Möglichkeit, ihre Interessen, Ängste und Sorgen im Zusammenhang mit der Unternehmensübergabe zu formulieren. Mit der Unterstützung durch einen Mediator und unter Einbeziehung aller Beteiligten können Lösungen erarbeitet werden, die allen Bedürfnissen gerecht werden.

Bewahrung und Verbesserung der Beziehung der Beteiligten

Von einem Konflikt bei der Unternehmensnachfolge sind meistens Personen betroffen, die auch zukünftig noch miteinander zu tun haben, z. B. Familienangehörige, Mitarbeiter. Es besteht daher in der Regel das Interesse an einer Bewahrung und Verbesserung der Beziehung.

Bei einer Mediation gibt es keine Verlierer, da nach Lösungen gesucht wird, von denen alle Beteiligten etwas haben. Verletzungen, die die zukünftige Beziehung belasten könnten, werden dadurch vermieden.

Schnelles Verfahren

Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Mediationsverfahren schnell und zeitnah durchgeführt werden kann. Dies ist insbesondere bei Konflikten im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge, bei denen der Zeitfaktor eine Rolle spielt, von Bedeutung.

Vertrauliches Verfahren

Regelmäßig haben die Beteiligten kein Interesse daran, dass Konflikte bei der Unternehmensnachfolge an die Öffentlichkeit, z.B. an die Belegschaft, dringen. Gegenüber einem Gerichtsverfahren hat ein Mediationsverfahren den Vorteil, dass es sich um ein vertrauliches Verfahren handelt. Der Mediator ist gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Beteiligten verpflichten sich regelmäßig durch eine vertragliche Vereinbarung zur Vertraulichkeit.

Konfliktlage

Ein Steuerberater, der über Jahre hinweg seine Kanzlei aufgebaut hat, überträgt seinen Sohn, der ebenfalls Steuerberater ist, seine Kanzlei. Der Sohn hatte zuvor in verschiedenen größeren Steuerberaterkanzleien als angestellter Steuerberater gearbeitet. Nachdem er die Kanzlei seines Vaters übernommen hat, führt er verschiedene Änderungen ein, die sowohl die Kanzleiorganisation als auch die Mandantenstruktur und den Umgang mit Mitarbeitern betreffen. Auch die Einrichtung der Kanzlei, von den Möbeln bis zum Teppich, wurde komplett erneuert. Einige Mandanten und auch eine Mitarbeiterin haben sich in der Folge von der Kanzlei getrennt.
Der Vater hat den Eindruck, dass der Sohn die Kanzlei nicht in seinem Sinne fortführt. Er fürchtet auch wirtschaftliche Konsequenzen. Die Zahlung des Kaufpreises für die Kanzlei erfolgt auf Rentenbasis. Dies stellt die wirtschaftliche Absicherung des Vaters im Alter dar. Der Vater befürchtet, dass sein Sohn nicht mehr in der Lage ist, den Kaufpreis zu zahlen, wenn es aufgrund der neuen Ausrichtung der Kanzlei zu einem Einbruch bei den Kanzleiumsätzen kommt. Der Vater will daher weiter Einfluss auf die Führung der Kanzlei nehmen. Dies führte zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Sohn und Vater, die teilweise sogar vor den Mitarbeitern und Mandanten ausgetragen wurden.

Ergebnis der Mediation

Im Rahmen einer Mediation konnte der Sohn erstmals seinen Vater erklären, dass die von ihm vorgenommenen Änderungen erforderlich waren, um die Kanzlei zukunftsfähig zu machen. Der Vater hat verstanden, dass mit der neuen Ausrichtung der Kanzlei nicht sein Lebenswerk in Frage gestellt, sondern die wirtschaftliche Basis für die Kanzlei gesichert werden sollte. Der Sohn hat verstanden, dass es dem Vater nicht darum geht, ihm gegenüber einen väterlichen Machtanspruch durchzusetzen, sondern dass es ihm vielmehr um sein Bedürfnis nach wirtschaftlicher Sicherheit geht.

Im Rahmen der Mediation haben beide Seiten erkannt, dass sie ein gleichgerichtetes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei haben. Im Ergebnis konnte eine Kommunikation zwischen Vater und Sohn in Gang gesetzt und das Vertrauensverhältnis wieder hergestellt werden. Der Sohn hat erkannt, dass die Erfahrungen seines Vaters für ihn hilfreich sein können. Der Vater hält sich aus der Führung der Kanzlei heraus, steht dem Sohn aber bei Nachfragen zur Verfügung. Im Gegenzug hält der Sohn den Vater über die wirtschaftliche Entwicklung der Kanzlei auf dem Laufenden.

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