Öffentliches Bauwesen

Baustein zur Beilegung langfristiger Konflikte beim Bau

Das Bauwesen in Deutschland ist durch dezidierte technische Normen, Gesetze und Verordnungen so präzise wie in keinem anderen europäischen Land geregelt. Für öffentliche Auftraggeber ist zudem das Beschaffungswesen durch Normen wie VOB/A, HOAI, VgV und UVgO bestimmt.

Trotz dieser umfassenden Reglementierung ist kaum ein Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge so konfliktträchtig wie das Bauen. Schnell können Leistungsstörungen in einem Gewerk den Gesamtprojekterfolg gefährden. Langwierige (Rechts-)Streitigkeiten, verzögerte Fertigstellungstermine und Kostensteigerungen sind häufige Folgen von nicht rechtzeitig erkannten bzw. einvernehmlich gelösten Konflikten.

Mediation im öffentlichen Bauwesen ist ein Baustein, um die Eskalation von Störungen, die sich zu Konflikten entwickeln und am Ende den Erfolg des Projektes gefährden können, rechtzeitig zu verhindern.

Lösungsfindung mit Bestand

Es gibt verschiedene alternative, außergerichtliche Streitlösungsverfahren, die bei Konflikten im Bauwesen Anwendung finden können (z. B. Schlichtung, Schiedsgutachten, Adjudikation).
All diesen Verfahren ist jedoch gemein, dass die Projektbeteiligten Verantwortung und Entscheidungskompetenz an einen Dritten in der Hoffnung auf ein gerechtes „Urteil“ übertragen. Häufig werden diese Hoffnungen enttäuscht und nach Wochen oder Monaten liegt noch immer keine tragfähige und nachhaltige Lösung vor.

Die Mediation setzt bei der Eigenverantwortung der Beteiligten (öffentlicher Auftraggeber wie privater Vertragspartner) an und belässt in ihren Händen die Kompetenz, um gute Lösungen zu erarbeiten. Der Mediator unterstützt die Beteiligten bei der Aufarbeitung des Konflikts und stellt sicher, dass allen Beteiligten Raum für die Darlegung des Konflikts aus ihrer Sicht gegeben wird. Durch dieses allseitige Zusammentragen und Betrachten ergibt sich regelmäßig erstmalig ein umfassendes Bild mit allen Aspekten des Konflikts, was wesentliche Voraussetzung zur Erarbeitung einer Lösung ist, die Bestand hat.

Vermeidung eines Stillstands

Ein Auftragnehmer wurde durch eine Kommune mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes beauftragt. In der Bauphase häuften sich die Konflikte zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, insbesondere weil aus Sicht des Auftraggebers keine prüffähigen Unterlagen vorgelegt und aus Sicht des Auftragnehmers keine rechtzeitigen Entscheidungen durch den Auftraggeber getroffen wurden.

Die Konflikte verhärteten sich derart, dass zuletzt ein Stillstand der Baustelle drohte, weil die Projektverantwortlichen auf beiden Seiten nicht mehr bereit waren, miteinander direkt zu reden.

Gegenseitiges Verständnis

Im Rahmen der Mediation konnte erstmalig Verständnis für die Handlungszwänge des jeweils Anderen entstehen. Es wurde deutlich, dass der Projektverantwortliche des Auftraggebers inhaltlich viele strittige Punkte nachvollziehen konnte, jedoch aufgrund von Vergaberegularien und der Entscheidungswege – teilweise sechs bis acht Wochen zwischen zwei Sitzungsläufen der politischen Gremien – nicht rechtzeitig reagieren konnte.
Umgekehrt realisierte der Projektleiter des Auftragnehmers, dass für eine zügigere Herbeiführung der Entscheidungen auf Auftraggeberseite die Entscheidungsvorlagen – vom Unternehmensstandard abweichend – an die Erfordernisse des Auftraggebers anzupassen sind.

Im Ergebnis wurde ein Stillstand auf der Baustelle vermieden. Der Projektterminplan wurde unter Berücksichtigung der wechselseitigen Termin- und Sitzungszwänge angepasst und eine inhaltliche Aufarbeitung von Leistungsänderungen dem Grunde und der Höhe nach konnte erfolgen.

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