Mediation in der öffentlichen Verwaltung
Gestörte Kommunikationsprozesse wieder in Gang bringen
Die Anspruchs- und Erwartungshaltung gegenüber der öffentlichen Verwaltung hat in den letzten Jahren einen erheblichen Wandel erfahren. Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen einer Kommune, Digitalisierung, interkommunale Zusammenarbeit, Bindung von Ressourcen zur Bearbeitung politischer Anfragen, Umsetzung bundes- oder landespolitischer Vorgaben (z. B. Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes, Wiedereinführung G9) sind nur einige der Aspekte.
Diese vielfältigen Herausforderungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung führen zu Spannungen, die mitunter als Konflikte offen zutage treten. Dies kann innerhalb eines Fachdienstes ebenso der Fall sein wie zwischen verschiedenen Verwaltungsbereichen oder auch mit anderen öffentlichen Verwaltungen (z. B. Zuwendungsgebern oder Bezirksregierungen).
Durch Mediation können gestörte Kommunikationsprozesse wieder in Gang gesetzt, Konfliktlösungen durch die Beteiligten erarbeitet und Rahmenbedingungen für ein dauerhaftes Miteinander geschaffen werden.
Ein offener Austausch zwischen allen Beteiligten
Die Reduzierung eines persönlichen Austauschs auf ein Minimum, die ausschließlich schriftliche Kommunikation untereinander, die Veränderung von Aufgabenzuschnitten durch die Vorgesetzten sind gar nicht so seltene Beispiele, wie innerhalb öffentlicher Verwaltungen Konflikte „gelöst“ werden.
Die Mediation bietet einen vertrauensvollen Raum, in dem ein offener Austausch zwischen allen Beteiligten ermöglicht werden kann. Häufig ist es für alle hilfreich, die Entwicklung eines Konfliktes aus den Perspektiven der einzelnen Beteiligten zu erfahren und umgekehrt die eigenen Erfahrungen einbringen zu können.
Der wechselseitige Verständnisprozess hilft bei der gemeinsamen Erarbeitung möglicher Lösungen für den Konflikt und kann zu einer dauerhaften Verbesserung des Miteinanders führen.
Kommunale Kindertagesstätten – kein Kinderspiel
Zur Erfüllung des gesetzlichen Anspruchs auf die Bereitstellung von Kindertagesstättenplätzen für unter Dreijährige mussten in einer Kommune durch das Jugendamt mehrere Maßnahmen umgesetzt werden. Neben einer Verbesserung des Betreuungsangebotes in der Kindertagespflege sollten Ausbauten und Erweiterungen an den kommunalen Kindertagesstätten erfolgen.
Die Amtsleitung übertrug die Koordination der Baumaßnahmen auf einen ihrer Mitarbeiter, der mit dem Bauamt die erforderlichen Schritte abstimmen und umsetzen sollte. Auf Seiten des Bauamtes wurde durch die Amtsleitung gleichermaßen eine Projektleitung benannt.
Nach kurzer Zeit mussten die Projektleitungen erkennen, dass sie aus ihren jeweiligen Ämtern nicht die Unterstützung erhielten, um die Baumaßnahmen fristgerecht umsetzen zu können. Die Konsequenz, bei einer nicht rechtzeitigen Bereitstellung eines adäquaten Angebotes, wäre die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche durch Eltern gegenüber der Kommune gewesen.
Aufarbeitung der Konflikthistorie
Auf Initiative der Bürgermeisterin wurde eine Mediation durchgeführt. Schnell zeigte sich, dass zwischen beiden Amtsleitungen ein jahrelang vorbelastetes Verhältnis bestand. Die Größe der Verwaltung begünstigte, dass sich beide Amtsleitungen weitestgehend aus dem Weg gehen konnten, ohne dass dies im täglichen Verwaltungshandeln aufgefallen wäre.
Eine wesentliche Erkenntnis der Mediation war, dass die Aufarbeitung der Konflikthistorie zwischen den Amtsleitungen mit dem hohen terminlichen Druck zur Bereitstellung der Kinderbetreuungsplätze nicht in Einklang zu bringen war.
Nach zukunftsfähigen Lösungen suchen
Als Lösung verständigten sich alle Beteiligten – einschließlich der Amtsleitungen – darauf, dass eine der Bürgermeisterin direkt zugeordnete Stabstelle die Koordination und Umsetzung der Maßnahmen übernahm. Die Projektleitungen wurden für die Dauer der Maßnahmen unmittelbar der Stabstelle zugeordnet.
Entkoppelt von dem unmittelbaren Zeitdruck der Bereitstellung von Kinderbetreuungsplätzen konnten in der Mediation zwischen den Amtsleitungen die weit zurückreichenden Konflikte aufgearbeitet und für eine zukünftige Zusammenarbeit der Ämter gemeinsam praktikable Strukturen entwickelt werden.
Diese Strukturen wurden mittlerweile – teilweise durch Veränderungen der Dezernatszuschnitte – umgesetzt und es ist eine spürbare Verbesserung des Umgangs erreicht worden.
